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Litó Walkey & Carlos Pez: Like That, Like This

Choreographie der Gesten.

Wie schon der Titel andeutet, besteht das Vokabular dieser Choreographie aus Gesten. Genauer: Aus dem Nachahmen, Aufgreifen und Weiterentwickeln von unwillkürlichen Gesten, von den kleinen Blicken, den Augen- und Handbewegungen, dem Vor- und Zurück einer Beziehungsaufnahme. Mal tauchen diese Gesten verbatim auf, mal umschreibt die Choreographie sie mit größeren Abläufen, die fast an Tanztheater grenzen. So zum Beispiel der Elch, der - in den einleitenden Worten beschrieben - sich später halb sichtbar, halb unsichtbar durch den tschechov’schen Birkenwald bewegt. Im Mittelpunkt der Choreographie steht aber die “unwillkürliche” Geste - was sich als sehr sperriges Bewegungsmaterial im Tanzkontext erweist. Und dies, obwohl durch Visionen oder Drogen induzierte unwillkürliche Bewegungen in rituellen Tänzen zu den Urahnen des Bühnentanzes zählen. Solche, durch Wucht und Geschwindigkeit aufgeladene Bewegungen tauchen in “Like that, like this” zwar auf, dienen aber eher der Betonung der kleinen Gesten und Blicke, die den Großteil der Performance ausmachen. Dies umso mehr, als die “großen” Gesten in “Like That, Like This” häufig nach kurzer Zeit in Erschöpfung sowohl ihrer selbst als auch der Performer enden, die dann am Boden liegend zurückbleiben. Neben dieser Dynamik ist die Bewegungsdramaturgie des Stückes von gegenseitigem, unvollständigem Nachahmen der beiden Performer geprägt: Like that! Like this? No like that! in vielen in einander verschränkten Abläufen. Dieses “Stottern” und die “unwillkürlichen” Gesten geben der Performance ein hohes Mass an Fragilität. Verstärkt wird diese Fragilität noch durch das halb schüchterne, halb herausfordernde Lächeln ins Publikum, oder durch ebensolche Blicke, und man fühlt sich als Zuschauer nie sicher. Weder sicher hinter der vierten Wand, die durch die Blicke durchlöchert wird, noch sicher über die Intention des Stücks, noch sicher in den gewohnten Genregrenzen. Dieser Unsicherheit wirken allerdings Licht- und Tondesign (von Bruno Pocheron und Boris Hauf respektive) entgegen, die beide den Eindruck von Tanztheater virtuos aufgreifen und das Publikum mit auf eine Reise nehmen, deren Ziel eher in den je individuellen Fantasien der Zuschauer als in der Choreographie verborgen liegt. So spannend das Material ist, das ‘Like that, like this’ aufgreift - es blieb schwierig für mich, einen Bezug zur Performance oder zu den Performern aufzubauen. Die Übersetzung von Gesten und Blicken - ja mehr eine Domäne der Schauspielerei als des Tanzes - wird sicher auch dadurch nicht leichter, dass ich als Zuschauer eher in der Position des unbeteiligten Dritten als der des Adressaten war. “Like That, Like This” war in der fabrik potsdam zu sehen, und wird noch im Kampnagel in Hamburg gezeigt werden.

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