Was folgt sind hauptsächlich Notizen nach ‘The Many-headed Hydra: Sailors, Slaves, Commoners, and the Hidden History of the Revolutionary Atlantic, von Peter Linebaugh & Marcus Rediker

Jubilee, oder lt. der Lutherbibel (1910) ‘Halljahr’, neuere Ausgaben sprechen von ‘Erlaßjahr’, ist ein jüdisches Gesetz, das in Moses 3 (Leviticus), Kap. 25 beschrieben wird. Das Gesetz bestimmt, dass jedes 50. Jahr als heiliges Jubilee gefeiert werden soll. Im Jubilee-Jahr sollen alle Sklaven und Gefangenen freigelassen, alles gekaufte Land (mit einigen Ausnahmen) an die Vorbesitzer zurück gegeben, alle Schulden erlassen, alle Arbeit eingestellt und das ganze urbare Land brach gelassen werden.

Die Torah (die 5 Bücher Moses) wurden Ende des 6. Jhd. v.d. Zeitrechnung, nach der babylonischen Gefangenschaft, aus mündlichen Überlieferungen und anderen Quellen zusammengestellt. Jubilee “preserved the memory of an earlier, more egalitarian time, when people lived by agriculture (producing grain, oil and wine) and a pastoral economy (tending bovine herds, sheep and goats) amid a process of accelerating class differentiation.”

Die Propheten Jesaja, Hesekiel und Jeremiah bezogen sich auf Jubilee. Für Jesaja wird Jubilee von einem Jahr der Rückbesinnung und Rückgabe zu einem Jahr der Rache. Und Jesus von Nazareth bezog sich auf Jesajas Interpretation von Jubilee, als er in der Synagoge von Nazareth erklärte, dass diese Prophezeiung sich heute erfüllt habe.

Auf diese religiösen Traditionen bezogen sich im 17., 18. und 19. Jhd. verschiedene aufständische Bewegungen in England, der Karribik und den USA. Diese Bewegungen waren häufig religiös, Prediger ihre Agitatoren und christlische Lieder und Gebete ihre Manifestos. Thomas Spence, ein radikaler, christlicher Demokrat agitierte Ende des 18. Jhds in England erfolgreich seinen Jubilee aufgreifenden Plan: ‘By 1802 the prime minister of England would be informed that there was scarcely a wall in London that did not have chalked upon it the slogan “Spence’s plan and Full Bellies.”‘

Auf der anderen Seite des Atlantik predigten die Methodisten (ähnlich wie auch die Baptisten): ‘liberty is the right of every human being as soon as he breathes the vital air’. Die Forderung nach Freilassung der Sklaven war bei diesen Konfessionen allerdings auch zu dieser Zeit nicht unangefochten, und nur fünf Jahre nachdem die Methodisten erklärt hatten: ‘slavery is contrary to the laws of God, man and nature’, wurden Sklavenhalter die Aufnahme in die methodistischen Gemeinden gestattet.

Jubilee wurde von den christlichen Predigern und den Aufständischen (in den USA u.a. Denmark Vesey, Gabriel Prosser, in Barbados Bussa, in England James Watson), die sich auf sie bezogen, als Mittel verstanden, um die Sklaverei abzuschaffen und soziale Gleichheit (wieder-)herzustellen. Zusammen mit der abolutionistischen Bewegung gewann die Idee von Jubilee gegen Ende des 19. Jhds. immer mehr an Bedeutung. Pamphlete und Hymnen wie “Don’t You Hear the Gospel Trumpet Sound Jubilee” u.a. griffen das Thema auf:

Oh, the masters run, ha, ha!
And the darkies stay, ho, ho!
So now must be the Kingdom comin’
And the year of Jubilo

Jubilee war als Idee überzeugend genug, dass auch einige Sklavenhalter/innen sich darauf einließen. Solche Freilassungen wurden aber z.T. staatlicherseits unterbunden mit der Begründung, dass solche ‘Spence’schen’ Methoden die Sicherheit aller Farmer gefährdeten. Die Freilassungen wurden z.T. direkt mit ‘Spence’s Plan’ begründet.

George Cruikshank (1817) A peep into a London tavern

George Cruikshank (1817) A peep into a London tavern

Die Kommunikation zwischen den verschiedenen Anhängern von Spence und Jubilee wurde durch die Matrosen der Kriegs- und Handelsmarinen aufrechterhalten. Diese Matrosen stammten aus allen Ecken des Atlantik, waren häufig freigelassene Sklaven und hielten die transatlantischen Hoffnungen auf Jubilee durch Verbreitung von Pamphleten, Überbringen von Briefen, Teilnahme an Gottesdiensten und auch handkräftige Hilfe bei Aufständen lebendig.

Die überzeugende Wirkung des Bezugs auf das biblische Jubilee speiste sich aus den Lebens- und Kampfbedingungen der damaligen Zeit. Jubilee brachte zwei Kämpfe zusammen, die die sozialen Auseinandersetzungen im 18. und 19. Jhd dominierten: der Kampf gegen die Sklaverei and der Kampf für Land.
Der Kampf für Land war das vorherrschende Thema in England. Die Einhegungen von dorfgemeinschaftlich genutzten Ländereien zur ausschließlichen Nutzung durch Landadel und bürgerliche Großgrundbesitzer nahmen einem großen Teil der Landbevölkerung die Lebensgrundlage und verdrängten die hungernde Landbevölkerung in die immer zahlreicher werdenden Fabriken. Die Große Irische Hungersnot von 1845 bis 1852, bei der bis zu ein Viertel der irischen Bevölkerung starb, macht deutlich, wie hoch der Leidensdruck im Kampf um Land war.
Der Kampf gegen die Sklaverei stand in den USA und in der Karribik im Vordergrund. In einer Zeit, in der Rassismus noch nicht zu einer allgegenwärtigen Ideologie geworden war, waren die Kämpfe der Sklaven um Freilassung eng mit den Kämpfen der armen Freien verbunden. Viele arme Freie waren freigelassene Sklaven, und arbeiteten mit Sklaven zusammen auf den Plantagen. Fast alle militanten sozialen Kämpfe in den südlichen USA und der Karribik waren bzw. begannen als Sklavenaufstände bis hin zur Revolution in Haiti.

Auch in den Fabriken war Jubilee ein Thema, z.B. in einem Motto der Weber von Halifax aus dem Jahr 1819: “We groan, being burdened, waiting to be delivered, but we rejoice in hopes of a Jubilee.”

“Slave revolt and urban insurrection could produce a great jubilee, the apotheosis of resistence, which would be inaugurated by a work stoppage, that would ‘strike terror to your oppressors’. By 1820, jubilee had become international and pan-ethnic: it was part of the self-activity of the proletariat, associated with insurrectional prophecy and deeds. It became the basis of the general strike as articulated by William Benbow.”

Die jüdisch-christlische Herkunft von Jubilee und die schon in der Bibel sichtbare Verwendung von Jubilee in sozialen Kämpfen ermöglichten zum einen den Bezug auf göttliche Autorität und zum anderen auf die zahlreichen biblischen Gleichheitsversprechungen: ‘earth was given to the children of men’. Und damit auf die lange Tradition radikalen Christentums, in dessen Namen schon seit der Antike für soziale Gerechtigkeit gekämpft wurde. Eine Tradition, in der die Lehre Jesu mit folgenden Worten zusammengefasst wurde: “Acknowledge no King – Acknowledge no priest. Acknowledge no father.” (Robert Wedderburn)

Robert Wedderburns CATHOLICAUTOMATOPPANTOPPIDON:

Finding that the routine of duty required of the clergy of the legitimate church, was so completly mechanical, and that nothing was so much in vogue as the dispensing with human labor by the means of machinery, it struck me that it might one day be possible to subsitute a cast-iron parson.