Wenn das Uhrwerk kaputt geht, muss der Uhrmacher flicken. Er ist ein schlechter Uhrmacher, sonst müsste er sein Werk nicht flicken. So dachte Leibniz über Gott nicht. Die Schöpfung bedürfe ihres Schöpfers nicht, sie sei sonst unvollkommen. Weil aber die Zeit für den Freiherrn von Leibniz nicht zur Schöpfung gehörte, fragte er sich, was vor der Schöpfung gewesen sei und erkannte: den Uhrmacher. Der Freiherr von Leibniz hingegen gehörte ohne Zweifel zur Schöpfung dazu, weshalb er des Uhrmachers nicht bedurfte. Damit hätte die Angelegenheit begraben sein können. Weil er, Leibniz, aber Philosoph war, fragte er: «Wo ist Gott?» und erkannte: weg ist er. Gott ist ein abwesender Uhrmacher. Dessen Maschine läuft und läuft und läuft und Schmerzen bereitet, weshalb wir glauben, sie müsse geflickt werden. Weshalb Leibniz sein, Leibniz’, Werk «Theodizee» nannte. Womit Gottes Abwesenheit als Wunde markiert war. Womit Gott noch nicht tot war. Womit er doch noch irgendwie da war. Die Abwesenheit ist nicht dasselbe wie der Tod. Die Abwesenheit gehört zur Anwesenheit dazu, wie der Freiherr von Leibniz zur Schöpfung dazu gehört. Das ist offenbar. Gott ist abwesend in dem Sinne, als dass er nicht offenbar ist:«Wahrhaftig, du bist ein verborgener Gott.» (Jesaja 45,15) Auf tritt Martin Luther. Gott kann gar nicht erkannt werden. Vor allem andern nicht von den Philosophen. Es gibt nichts zu sehen. Nur geglaubt kann er werden: «Sola fide». Mitten am Rand des Erkennens angelangt.

Marin Bieri (Schauplatz International) über An- und Abwesenheit mit bezug auf ihre Performance ‘Expedition’, die im Rahmen von ‘Dein Wort in Gottes Ohr‘ gezeigt wird.